P1: Der Stichling im Bodensee-Obersee
Mit der explosionsartigen Entwicklung des gebietsfremden Dreistachligen Stichlings (Gasterosteus aculeatus) im Bodensee, kam neben dem Nährstoffrückgang ein maßgeblicher Faktor hinzu, der die heimische Fischgemeinschaft sowie die Fischerei stark negativ beeinflusst. Die Stichlinge machen nun, nach über 50-jähriger unauffälliger Existenz, mehr als 80% des Fischbestandes im Bodensee-Obersee aus (96% im Freiwasser, dem Habitat der ursprünglich dominierenden Felchen). Der invasive Stichling stellt eine direkte Nahrungskonkurrenz insbesondere für Felchen dar. Stichlinge ernähren sich aber unter anderem auch von Eiern und Larven anderer Fischarten, was vermutlich zu einem Rückgang der Rekrutierung heimischer Fischarten führt. Eine derartige Entwicklung stellt einen einzigartigen Sonderfall für einen so großen, nährstoffarmen See dar. Die Gründe für das Massenvorkommen des Dreistachligen Stichlings sind unbekannt.
In diesem Forschungsprojekt soll vor allem die Autökologie des Dreistachligen Stichlings im Bodensee untersucht werden. Ein zentraler Punkt stellen Echolot-Untersuchungen mit parallelen Schleppnetzfängen zur Verifizierung der gewonnenen hydroakustischen Daten dar. Ziel dabei ist, eine Artdifferenzierung von Stichlingen gegenüber anderen Fischarten und somit eine haltbare Abschätzung des Bestandes. Ein weiterer wichtiger Untersuchungspunkt stellt die Nahrungsanalyse des Dreistachligen Stichlings dar, um die Nischenüberlappung und den möglichen direkten Schaden durch Eingriff in die Rekrutierung heimischer Fischarten abschätzen zu können. Überdies wird die Parasitierung mit dem Bandwurm Schistocephalus solidus im Jahresverlauf untersucht. Darüber hinaus werden Altersuntersuchungen durchgeführt, um Einblicke in das Wachstum des Dreistachligen Stichlings im Bodensee zu gewinnen. Die Möglichkeit unterschiedlicher Stichlingsformen im Bodensee wird mit geometrischer Morphometrie (landmarks) untersucht. Auβerdem werden, mit gezielten Befischungen (Stellnetz, Schleppnetz und Elektrofischerei) im Litoral und Pelagial, das räumliche Laichverhalten und die Habitatüberlappung erforscht, sowie die Abundanz eingeschätzt.
Prozentualer Anteil an Netz-Fischereien mit Stichlingen als Beifang. Nummern über den Linien und Balken stehen für die Anzahl an Netzfischereien im jeweiligen Jahr.
In Zusammenarbeit mit
Dr. Jasminca Behrmann-Godel
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Referat 26 – Tierzucht, Tierhaltung, Fischerei, Immissionsschutz, Deutschland
Bild 1 + 2: Mit der explosionsartigen Entwicklung des gebietsfremden Dreistachligen Stichlings (Gasterosteus aculeatus) 2013/2014 im Bodensee, kam neben dem Nährstoffrückgang ein maßgeblicher Faktor hinzu, der die heimische Fischgemeinschaft sowie die Fischerei stark negativ beeinflusst.
Bild 3: Ein Dreistachliger Stichling, gefangen im Frühling parallel zum Felchenbesatz. Der Mageninhalt besteht hauptsächlich aus Felchenlarven.
Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg (FFS) des Landwirtschaftlichen Zentrums für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW), Deutschland
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Scholz B & Gugele S (2018)
Seewandel und RTG – zwei Forschungsprojekte für den Bodensee im globalen Wandel. Aquakultur- und Fischereiinformationen aus der Fischereiverwaltung (Informationsschrift der Fischereiforschungsstelle, des Fischgesundheitsdienstes und der Fischereibehörden des Landes Baden-Württemberg) Rundbrief 1/2018.